Kölner Stadt-Anzeiger, 5.3.2010

Mit geknickten Ohr auf grüner Wiese

Ausstellung

Mit geknickten Ohr auf grüner Wiese

Von Gisela Schwarz, 05.03.10, 17:02h, aktualisiert 07.03.10, 17:52h

Mit dem Lied von zwei Hasen aus dem 19. Jahrhundert haben sich fast 30 Künstler des Arbeitskreises der Künstler Bergisch Gladbach beschäftigt. Ausgestellt werden die Werke ab dem 7. März im Kulturhaus Zanders.

Bergisch Gladbach - „Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal saßen einst zwei Hasen, fraßen ab das grüne, grüne Gras bis auf den Rasen“ - nein, das alte Lied, das die Kinder Anfang des 19. Jahrhunderts sangen, endet ganz glimpflich für die Langlöffel: Als nämlich der Jäger kam, hockten sie sich nieder, stellten nach dem Schuss fest, dass sie noch lebten - und hoppelten von dannen. Was hat das mit Kunst zu tun? Das gute alte Lied ist nämlich Thema der Ausstellung im Kulturhaus Zanders.

Viele Facetten

Fast 30 Künstler des AdK (Arbeitskreis der Künstler Bergisch Gladbach) haben sich damit auseinander gesetzt: In vielen Facetten setzten sie das Thema um, Metapher zum Beispiel für die Krise in der Weltwirtschaft, als Naturereignis, als Ausdruck von Männlichkeitswahn, als den Moment, eine Chance zu ergreifen.

Mit viel Humor nahm Gerda Reh die Bankenkrise auf die Schippe: „Zu viel 'grünes' Gras“ hat der Hase gefressen, der platt auf dem Rücken auf der Wiese liegt, mit geknicktem Ohr und einen Identifikations-Zettelchen an der Hinterpfote: Lehman Brothers. Rosemarie Stuffer setzte den Ausstellungstitel mit einem dramatischen Erdrutsch um, bezogen auf naturbedingte und politische Erdrutsche wie den in Afghanistan 2006 / 2007. Beeindruckend ist das schwarz-weiße Werk, das dem Betrachter optisch wie eine Explosion entgegenkommt. Lothar Sütterlin entlässt mit einem Knall Urgewalten aus einem schwarzen Abgrund, eingesperrt hinter Gittern, ins Licht, in die Freiheit und führt das Konzept mit einen Ausflug in die Mathematik weiter. Letztendlich stellt er das Fazit: „Die Explosion schafft Platz für einen Neuanfang.“ Damit wäre der Bezug zu den der Hasengeschichte wieder hergestellt.

In spielerischer Leichtigkeit stellt Yoko Suzuki-Kämmerer das philosophische Prinzip der Folge als „rolling stones“ dar - mit fein ziselierter Tusche, die eine „Spur“ auf dem langformatigen Blatt hinterlässt, und einer Collage. Die Frage nach dem Überleben auf diesem Planeten setzt Kay Wiese mit einer surrealen Tischszene um: Vor dem Tisch mit den unvollständigen Beinen ein Mensch in Sitzpose. Was tut er da? Und wie überlebt er in dieser nicht möglichen Position?

Vor einem der großen Fenster hat Barbara Stewen eine Installation aufgestellt, vor der sich ein Blatt aus einem Kartenspiel unermüdlich dreht: Die romantische Herzdame mit ihrem Gegenüber, dem von Röntgenstrahlen durchleuchteten Menschen. Moderne Automation, Bloßstellung und Verlust der Würde sind die Assoziationen zu dieser Arbeit, die Stewen in spielerischer Leichtigkeit, aber mit Tiefgang, in der Lasurmalerei der Romantik umsetzte.

Die AdK-Ausstellung „Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal“ wird am Sonntag, 7. März, um 11 Uhr im Kulturhaus Zanders, Hauptstraße 267-269, eröffnet. Sie läuft bis zum 8. April. Geöffnet: dienstags, donnerstags, sonntags, jeweils von 15 bis 18 Uhr. Sonderveranstaltung am Sonntag, 21. März, 11 Uhr, Kunst trifft Jazz mit der Big Band der Rheinisch-Bergischen Bläserphilharmonie Bensberg. Näheres im Online-Katalog.




Kölner Stadt-Anzeiger, 5.3.2010